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Südpersien
In der südlichen Provinz Fars, dessen Hauptstadt Shiraz ist, kommt man der Wurzel der persischen Geschichte und Kultur näher als in anderen Provinzen. Einerseits, weil in Persepolis, der früheren Hauptstadt der antiken Hauptstadt des Achäminiden-Reiches, das unter Darius I. von Griechenland bis zum Indus reichte, die erste bedeutende Hauptstadt der Perser war und viele Iraner heute noch sich mit dieser jahrtausendealten Geschichte identifizieren und stolz darauf sind. Andererseits leben hier noch neben Perser sehr viele andere Ethnien, die an die Wanderungen und Ansiedelungen innerhalb des persischen Vielvölkerstaates erinnern. Hier leben neben Persern vor allem turkstämmige Nomaden (Gashgai, Afscharen), Araber.
- Abadeh: In 2000 m Höhe liegt Abadeh, eine Stadt in der südlichen persischen Provinz Fars, die ca. 60000 Einwohner hat. Die Wüste und karge Umgebung zwangen frühere Generationen zum Nomadismus, aus der Zeit noch eine Eigenheit herrührt. Hier wird auf horizontalen Knüpfstühlen mit Baumwolle geknüpft. Das heißt hier wurden ehemalig nomadische Gewohnheiten (horizontaler Knüpfstuhl) mit modernen seßhaften Neuerungen (Struktur: Baumwolle) verbunden . Das Ergebnis sind die in Europa und in den westlichen Kulturen sehr beliebte Abadeh Teppiche.
Abadeh Teppiche sind fast ausschließlich in einem Mustertypus bekannt: Im großen fondbeherrschenden sechseckigen Medallion, das in einem blaustichigen Rot gehalten ist, erstrecken sich 2 Lebensbaummotive, das auf ein kleines, zentrales Achteck führt. Dieses Oktogon umschließt eine Kreuzblume. Dieses Motiv wird auch in jeder Ecke nochmals gezeigt (Lebensbaum führt in ein Oktogon, das eine Kreuzblume umschließt). Neben dem roten, zentralen Hexagon sind die Ecken in einem dunklen Blau gehalten, das mit allerlei Füllmotiven gefüllt wird. Die Struktur ist heute fast ausschließlich in Baumwolle gehalten, wobei als Schússfäden, eine blaugefärbte Baumwolle in Einsatz kommt (Aufgrund der typischen Musterungen kann jedoch eine Verwechslung mit Kashan ausgeschlossen werden).
Geknüpft wird in einem türkischen Knoten, der eine Feinheit bis 300000 Knoten/m² erreichen kann.
- Afschari: Zu den großen geschlossenen Volksstämmen des Iran zählen die turkstämmigen Afschari, die im frühen 17. Jahrhundert vermutlich aus dem Kaukasus oder Anatolien in das heutige Gebiet deportiert wurden. Sie sprechen ein türkischen Dialekt, die der Sprache in Aserbeidschan sehr ähnlich ist.
Die Afschari kommen meist als Nomadenteppiche auf den Markt. Die Musterung wirkt sehr kaukasisch, ausschließlich geometrisch, wobei sehr gerne auch Boteh und Sternmuster im unendlichen Rapport als Hauptmuster vorkommen. Die Knüpfung ist in türkischem Knoten, wobei der Teppich selbst mittelfein (ca. 200000 Knoten/m²) gearbeitet wird. Schuss und Kette sind sehr oft in Baumwolle gearbeitet, wobei Afscharen , die hochwertigere Teppiche sind, meist auf Wollkette (=Fransen) gearbeitet werden. Diese Stücke kommen oft dann als Shaharbabak auf den Markt.
- Gaschgai: Die Gashgai (Abbildung 1) werden heute auf Heute eine bis eineinhalb Millionen geschätzt. Das Volk siedelt vor allem in der iranischen Provinz Fars und lebt bis heute teilweise nomadisch.
In den Sommermonaten leben sie mit ihren Herden im Zagros-Gebirge und in den Wintermonaten im südlichen Teil der Provinz. Ihr politisches Zentrum ist die Stadt Schiraz.
Die gaschgaische Sprache ist dem Südaserbaidschanischen nah verwandt. Von den Gaschgai wird sie Turki genannt. Die Gaschgai fassen sich heute aber überwiegend als „iranische Turkmenen“ auf. Nahezu alle Gaschgai beherrschen auch die Persische Sprache.
Die Gaschgai bilden eine Stammesgesellschaft. Sie bestehen aus Stämmen, deren wichtigste und größte die Dare Schuri, Schisch Baluki, Farsimadan, Gaschkuli und Amaleh sind.
Die Monogamie ist die Regel. Ehen wurden früher fast immer arrangiert, der Brautpreis bestand aus Schafen, Pferden oder einer Geldsumme (Bashluq). Die Ehe wurde mündlich geschlossen, der Mann besaß das Recht, sie aufzulösen. Im Scheidungsfalle war die Mitgift zu erstatten. Besitz vererbte sich nur in männlicher Linie.
Die Vorfahren der heutigen Gaschgai kamen vermutlich im Zuge der oghusischen Wanderung im 11. Jahrhundert in den Iran. Zunächst siedelten sie in der nordwestpersischen Provinz Ardabil. Im 15. Jahrhundert gehörten sie zum Staatsverband des Timur Leng. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts leben die Gaschgai in der Provinz Fars. Ihre Deportation durch Ismail I, um sich dort den festsetzenden Portugiesen entgegenzuwirken, ist weniger wahrscheinlich. Vielmehr scheinen ihre Sommerquartiere schon im frühen 14. Jahrhundert in der Nähe der heutigen gelegen zu haben. Bereits zu Zeiten von Schah Ismail I. konvertierten sie zum schiitischen Islam und zählten damit zu den Ersten im Iran. Die folgenden Jahrhunderte waren geprägt durch ein wechselvolles Spiel der Stammesführer mit den persischen Schahs, wobei einmal ein entspanntes, dann wieder Konflikte das Verhältnis prägten. Die Konflikte schwellten an, als es im 19. Jahrhundert zur Ansicht der persischen Schahs wurde, dass Nomadismus etwas „Rückständiges“ sei, und daher diesen bekämpften. Auf Bestreben der Kadscharen-Schahs stand der Stammesführer , in Schiraz quasi unter Arrest, und auf Betreiben Teherans spalteten sich die Baharlu, Aynallu, Nafar und Baschiri sowie arabische Verbände ab, um den Stammesverband der Khamseh („Die Fünf“) zu gründen. Die Schah-Dynastien des 20. Jahrhunderts unterdrückten die Gashgai´s und das führte dazu dass die Gashgai an den Demonstrationen, die 1979 zum Sturz des Schah führten, teilnahmen. Im Zuge der Iranischen Revolution konnten Nasir Khan und Khosrow Khan, die beiden Stammesführer der Gashgais, in den Iran zurückkehren. Sie standen zunächst dem neuen Regime unter Ayatollah Chomeini nahe. Dies änderte sich aber schnell, als die theokratische Regierung einen straffen Zentralisierungskurs einschlug. Khosrow Khan wurde beschuldigt, ein Agent der CIA zu sein. Als Revolutionsgarden im Juni 1980 versuchten, ihn in Teheran zu inhaftieren, kam es zum Bruch zwischen den Kaschgai und der Zentralgewalt. 1982 wurde der letzte Gashgai-Ilkhan öffentlich von der iranischen Zentralregierung hingerichtet.
Heute führt nur noch eine Minderheit der Gaschgai eine nomadische Lebensweise. In der iranischen Volkszählung von 1998 wurden in der Provinz Fars noch zwischen 145.000 (Winterquartier) und 170.000 (Sommerquartier) Nomaden erfasst. Die überwiegende Mehrzahl ist somit sesshaft geworden, was nur von wenigen bedauert wird. Wenn damit auch viele Beschwerlichkeiten weggefallen sind, bleiben doch große soziale Probleme bestehen: Die Arbeitslosigkeit liegt zwischen offiziellen 20% und inoffiziell geschätzten 35%.
Von den primitiven Knüpfstühlen der Gashgai´s stammen die herrlichsten Nomadenteppiche, die ihre nordpersische und vor allem kaukasische Verwandtschaft nicht absprechen können. Jede Familie knüpft die Formen und Farbenkombinationen, die sie über Generationen überliefert bekommen. Daher ist jeder Gaschgai Teppich auch unterschiedlich und eigenwillig.
Da nach wie vor auf horizontalen Knüpfstühlen geknüpft wird, sind die Formate meist entweder Brücken oder eher in die Länge gezogene Brücken im Format 140 – 150 breit und bis zu 350 lang. Die Färbung ist bis heute zum überwiegenden Teil in Naturfarben gehalten, wobei meist rot, blau, grün, gelb und orangetöne dominieren. Lila und andere „chemische“ Farben sind meist ein Hinweis auf den groben, meist in der Stadt Shiraz geknüpften Industrie-Gaschgai, der mit der Ausdruckstärke und dem Liebreiz seiner nomadischen Verwandten nichts gemein hat.
Kette und Schuss ist ausschließlich aus Wolle, manchmal mit Ziegenhaar verstärkt. Außerdem ist ein strukturelles Merkmal die 2 färbige Seitenkettelung (Schirasi). Geknüpft wird ausschließlich in türkischem Knoten.
Heute haben außerdem „neuere“ Produkte der Region an Bedeutung gewonnen. Einereits ist das der Gabbeh, der eigentlich bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts in naturbelassener Wolle existiert, wobei meist ein Farbtupfer in Orange, rot etc. den eigenwilligen Charakter der Teppiche unterstrich. In moderner Zeit werden Gabbeh Teppiche in allen Farbgebungen, die im besten Fall mit Pflanzenfarben erzielbar sind, von Nomaden in ihrer eigenwilliger Art hergestellt. Im schlechtesten Fall erfolgt die Produktion mit chemischen Farben in industriell anmutenden Manufakturen, die natürlich nicht mehr den Reiz dieser ursprünglich für den Eigengebrauch bestimmten Nomadenteppiche wiederspiegeln kann.
Die alten Gashguli´s haben seit bereits seit Jahren einen Stellenwert als hochgeschätzte und gesuchte Sammlerstücke. In Neuerer Zeit werden von den Gashguli und benachbarten Stämmen Teppiche mit der Bezeichnung Loribaff erzeugt, die eine Weiterführung der Gabbeh-Teppiche darstellen. Ähnlich wie die Gabbeh werden einfache Musterungen der Gashguli in gewohnt feiner Ausführung mit Pflanzenfarben und bester Wolle hergestellt.
Die Loribaff stellen heute eine moderne, aber auf der anderen Seite sehr traditionell hergestellte Entwicklung auf dem Teppichmarkt dar, die aufgrund ihrer aufwendigen Produktion zu den wertvollen Teppichen zählen.
Leider gibt es auch hier bereits seit einigen Jahren Kopien von einerseits in persischen Manufakturen, die nicht so gut verarbeitet sind, andererseits kommt eine Billigkopie aus Indien.
- Yalameh: In Schiraz finden sich auch Erzeugnisse eines Unterstammes der Gaschgai, die unter dem Namen Yalameh auf den Markt kommt. Die Yalameh-Teppiche kommen in den Formaten bis 150 x 220, als Läufer aber auch als Hauptteppiche bis ca. 8 m² vor. Ihre Musterung ist fast ausschließlich ein sich je nach Länge des Teppichs zwei,drei, vier oder mehr wiederholdendes Hackenrauten-Muster, das zumeist in einem Rot oder Blau gehalten ist. Die Grundfarbe ist meist ein Braun (hell oder dunkelbraun) oder ein Blau. Die Bordüre ist zumeist ein markantes naturbelassenes Weiß, das wie ein Rahmen wirkt. Die Knüpfung entspricht jener der feinen Gashgais.
- Schirāz: ist die Hauptstadt der zentralen Südprovinz Fars und gehört zu den fünf größten Städten Irans. Mit 1,255 Mio Einwohnern ist sie Zentrum der Provinz und wirtschaftliches und wissenschaftliches Zentrum im Süden. Aufgrund ihrer Höhe (1600 m) hat sie ein relativ angenehmes Klima, wodurch zahlreiche Gärten angelegt wurden. Man nennt die für ihre Gartenkultur berühmte Stadt den „Garten des Iran“. Ihr Blumenreichtum und die berühmten Rosenzüchtungen geben ihr ein spezifisches Gepräge, das schon bei der Auffahrt durch den äußeren Torbogen auffällt. Sehenswürdigkeiten in Schiras ist das Grabmal von Hafis (Abbildung 2), einem berühmten persisichen Dichter, die Moschee von Schiraz (Abbildung 3), der Vakilbasar (Abbildung 4, wo sich auch einige Teppichgeschäfte (Abbildung 5) befinden) und die Rosengärten Bagh-e-Eram (Abbildung 6) und Bagh Afif Abad (Abbildung 7).
Die altpersische Residenzstadt Persepolis (griech. = Stadt der Perser, persisch Tacht-e Dschamschid „Thron des Dschamschid“, altpers.: Parsa) war die Hauptstadt des antiken Perserreichs unter den Achämeniden und wurde 520 v. Chr. von Dareios I. im Süden des heutigen Iran gegründet.
Die Palaststadt wurde 330 v. Chr. durch Alexander den Großen zerstört, aber ihre (teils wiederaufgebauten) Reste lassen sich bis heute betrachten. Sie zählen zum Unesco-Weltkulturerbe und sind rund 60 km nordöstlich der Großstadt Schiraz zu besichtigen.
Zwei mächtige altpersische Königshäuser stammen von hier: die antiken Achämeniden (559 bis 330 v. Chr.) und die Sassaniden (224 bis 651). Doch aufgrund von Funden und Hinweisen auf Tontäfelchen weiß man, dass in Shiraz bereits vor der achämenidischen Zeit eine Stadt existiert hat.
Sehenswürdigkeiten Apadana (Abbildung 8) (Relief, Abbildung 9), Tor aller Länder (Abbildung 10), Dareios Palast (Abbildung 11) und vieles mehr.
Der Teppich aus Schiraz ist in seltenstem Fall direkt in der Stadt produziert, sondern Schiraz ist Hauptumschlagsort für die Teppiche der Afschari und Gaschgai Nomaden des Umlandes. Aufgrund der traditionell nomadischen Herstellungsart auf dem horizontalen Knüpfstuhl kommen die Teppiche meist in einem Maß bis zu 150 x 220, seltener Hauptteppiche bis 7-8 m². Von den Farben her ist der Schiraz dominiert von rot, rotbraun, rotblau und braunen Hauptfarbtönen. Die in reichlicher Fülle angewandten Füllfarben geben ein freundliches aber zumeist ausgewogenes Bild. Verwendet werden bei guten Teppichen der Region fast auch heute noch größtenteils Pflanzenfarben. Geknüpft wird zumeist auf Schafwolle oder Schafwolle mit Ziegenhaar verstärkten Kettfäden, und Schafwolle als Schussmaterial. Leider kommen heute auch Teppiche mit Baumwoll-Kette (=Fransen) auf den Markt, wobei es sich hier um grobe, meist qualitativ mindere Ware handelt. Wie bei den Gashgais bereits einer 2 färbigen Seitenkanten-Kettelung (Schirasi) versehen.
Die Teppiche aus Schiraz bedarf einer sorgfältigen Prüfung, da von geringster bis höchster Qualität alles zu finden ist.
- Kerman: Mit ihren rund 636000 Einwohnern ist die 2000 m hoch gelegene Provinzhauptstadt Kerman ein zentraler Punkt des wüsten- und steppenartigen Hinterlandes, das einen Übergang zum Osten des Irans, die Provinz Khorasan, darstellt.
Schon zur Zeit Abbas I. im 15. Jahrhundert wurden in Kerman ausgezeichnete Teppiche geknüpft. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Muster an den europäischen Vorstellungen orientiert.
Kermanteppiche sind zumeist bekannt für ihre Hauptteppiche in den Größen von 6 m² bis zu Übermaßteppichen bis 4 x 6 m. Farblich werden heute, um dem europäischen Geschmack zu entsprechen, sehr oft Pastelltöne wie Lindgrün, Rosarot, Elfenbein und Graublau verwendet. Ältere Teppiche hingegen findet man mit einem kräftigen, strahlenden und naturfarbenen Rottönen oder einem blaurotem Kolorit. Die Muster sind zumeist ein schöner Spiegelmedallion. Ein Merkmal von Teppichen aus Kerman ist die sogenannte, Kerman-Bindung. Dabei wird zwischen zwei dickeren Baumwoll-Schussfäden ein dünnerer, gewellter Schussfaden. Die persischen Knoten, die oftmals sogar über 500000 Knoten/m² erreichen, werden in Kerman sehr oft von Männern eingetragen. Dabei ist zu achten, dass keine V-Knoten (Schlingen) oder ein „falscher“ Dschofti-Knoten zur Anwendung kommt. Der Kermanteppich hat aber bereits die Wollstruktur von Teppichen im Khorasan, die zwar strapazierfähig sind, aber nicht so lange halten, wie die Wolle aus Zentralpersien oder Nordwestpersien. Der Grund ist, das die Schafe hier nicht im Hochgebirge weiden, und ihre Wolle fettreich und dicht ist, sondern ähnlich wie die Khorasan Wolle etwa nach 50 – 70 Jahren vermehrt kahle Stellen vorweisen kann.
Besonders interessant sie die sogenannten Kerman-Laver, die aus dem Knüpfort Ravar stammen. Aufgrund der oftmaligen Belagerung und Zerstörung der Stadt Kerman sind die Bewohner oftmals nach Ravar geflüchtet, wo sie Kerman-Teppiche weitergeknüpft haben, jedoch in einer wesentlich besseren Qualiät, so dass Kerman-Laver heute fast wie ein Qualitätsadjektiv verwendet wird, jedoch lediglich auf den Ort Ravar verweist.
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Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3
Abbildung 4
Abbildung 5
Abbildung 6
Abbildung 7
Abbildung 8
Abbildung 9
Abbildung 10
Abbildung 11