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Die Frage nach der Entstehung der Teppiche – Älteste Funde
- Der Pasyryk-Teppich (Abbildung 1)
Mitte des 20. Jahrhunderts unternahm ein sowjetisches Archäologenteam unter der Leitung von Sergej I. Rudenko im 1650 Meter hoch gelegenen Pasyryk Tal (benannt nach der skythischen Pasyryk Kultur), unweit der mongolischen Grenze im Altai Gebirge eine Grabung, durch die man in einem vereisten Hügelgrab (Kurgan) einen geknüpften Teppich in den Maßen 183 x 200 cm fand. Radio-Karbon-Untersuchungen ergaben, dass die Datierung ins 5. oder 4. vorchristliche Jahrhundert erfolgte. Durch die natürliche Konservierung im Eis, war dieser in einem Fürstengrab gefundene Teppich in einem ausgezeichneten Zustand und hatte nichts von seiner Leuchtkraft eingebüßt.
Für die Teppichwissenschaft stellte der Fund des Pasyryk-Teppichs eine Sensation dar, da zwischen den Funden im Pasyryk-Tal und dem chonologischen nächsten Fund in der Teppichgeschichte eine Zeitspanne von etwa 1000 Jahren liegt.
Kritikern zum Trotz ist der Pasyryk Teppich tatsächlich ein Knüpfteppich, der in „Gördes“-Küpfung (symmetrischer Knoten) in einer Feinheit von 3600 Knoten/dm² hergestellt wurde. Das Flormaterial ist Wolle. Farblich ist der Teppich in einer harmonischen Kombination eines dunklen Rot, eines lichten Blau- und eines strahlenden Gelbfarbtons gehalten.
Die Musterung des Pasyrk-Teppichs ist streng geometrisch, rechteckig gehalten. Fünf verschieden breite Randbordüren umrahmen das Mittelfeld. Die äußerste und innerste Bordüre stellen Greifvögel, die in die Quadrate eingepasst wurden dar. Das Motiv der zweiten und breitesten Bordüre zeigt eine Aneinanderreihung von Pferden, wo alternierend einmal eine reitende einmal eine nebenher schreitende Figur abgebildet wird. Die dritte Bordüre zeigt große Sterne mit roten und schwarzen Querzacken. Als vierte Bordüre folgt ein in der Literatur fälschlich als „Elchenmotiv“ bezeichnetes Ornament, das tatsächlich aber einen Damhirsch darstellt. Das Mittelfeld selbst besteht aus 24 Quadraten, welche in einem Rechteck, wo vier Quadrate in der Breite und sechs in vertikaler angeordnet sind. In jedem Quadrat ist jenes Sternmotiv abgebildet, welches bereits in der dritten Borte dargestellt wurde.
Die Merkmale, die Rudenko erwähnt weisen darauf hin, dass der Pasyryk Teppich kaum im Altai-Gebiet selbst erzeugt wurde, sondern vermutlich in den Hochkulturen Vorderasiens entstanden sein muss. Über die ethnische Herkunft der Erzeuger des Pasyryk Teppichs gibt es, wie man leicht vermuten kann hitzige und mit Inbrunst geführte Diskussionen, die bisher jedoch zu einem keinem wissenschaftlich fundierten Ergebnis geführt haben.
Wesentlich erscheint mir jedoch die Tatsache, dass der Pasyryk Teppich sowohl in knüpftechnischer als auch in färbetechnischer Hinsicht bereits weit fortgeschrittenen Kenntnisse dokumentiert, so dass die Entstehung der ersten Teppiche wesentlich früher vermutet werden können.
- Bash-Adar Fragmente
Ein ungleich wenig beachteter Fund in den altaischen Kurganen waren die sogenannten Bash-Adar Fragmente, die zur gleichen Zeit im Rahmen der Ausgrabungen der sowjetischen Archäologen um Sergej I. Rudenko gefunden wurden. Diese Fragmente weisen auf die bemerkenswerte Tatsache hin, dass es sich hier um Knüpferzeugnisse handelt, die laut Radio-Karbon-Datierung auf 520 v. Chr. (+/- 130 Jahre) datiert wurden, und eine Senneh-Knüpfung in der Feinheit von 7000 Knoten/dm² aufweist.
- Die Ost-Turkestan Fragmente (Abbildung 2)
Bis zum Fund des Archäologen Rudenko im Pasyryk Tal im Jahre 1949 galten die im Rahmen der Turfan Expedition (1906 – 1908) von Sir Aurel Stein bei Niya, Disktrikt Lou-Lan am Lap Nor gefundenen Knüpfteppiche als die Ältesten der Welt.
Die Ost-Turkestan Fragment weisen gut erhaltene Farben auf, die sich auf dunkelblaue, braune, rote, hell-grüne und 3 gelbe Farbtöne beschränken. Die Musterung wurde durch eine Raute und einer Randbordüre dargestellt. Die Datierung ergab ein Herstellungszeitraum zwischen dem 3. und 5 Jahrhundert nach Christi.
Sir Aurel stein erwähnt, dass die Ost-Turkestan Fragmente eine Knüpfdichte von 32 Knoten/inch = ca. 400 Knoten/dm² aufweisen, welche ungefähr auch der Feinheit entspricht, die in Khotan heute noch geknüpft werden.
Die Tatsache, dass der um etwa 800 Jahre ältere Pasyryk Teppich bereits wesentlich feiner in der Ausführung war und eine weit höher entwickeltere Technologie aufweist, ließ die Vermutung zu, dass der Pasyryk Teppich vermutlich in den klassischen Knüpfzentren der Hochländer Westasiens ihren Urspung hat.
- Die Seldschuken Teppiche (Abbildung 3)
Der Deutsche Konsul Loytved hat 1905 in der Allah´edin Moschee in Konya Teppiche und Teppichfragmente seldschukischer Herkunft gefunden. Der Teppichflor war aus leuchtender Schafwolle, die in 8 Farbtönen zur Verarbeitung gelangten.
Die nicht extrem feine Knüpfung von etwa 120 000 symmetrischen Knoten/m² deutet darauf hin, dass die nomadischen Reitervölker der Seldschuken nicht die Feinheit der Teppiche in den sesshaften Knüpfzentren West-Asiens erreicht haben. Die Seldschuken Teppichfragmente sind heute im Türk ve Islam Esleri Müzesi in Istanbul ausgestellt.
Neben der Bedeutung der Fragmente für die anatolische Knüpftradition, sind die Seldschukenteppiche auch gleichzeitig Bindeglied zwischen den frühanatolischen Teppichen und den kaukasichen Teppichen des frühen 15. und 16. Jahrhunderts.
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Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3